Neues Projekt findet großen Zulauf. Andre Sänger und Peter Loche trainieren rund 30 Kicker auf dem Waldlustsportplatz. Klub spielt demnächst in der Kreisliga C mit.
Ein kalter Montagabend, der Atem bleibt in Wolken in der Luft stehen. Das Flutlicht ist zwar an, aber es wirft nur schummriges Licht auf den abgelegenen Sportplatz „Waldlust“ in Wehringhausen. Von der nächsten Bushaltestelle aus sind es 15 Minuten zu Fuß über die unbeleuchtete Straße im Wald.
Doch all das ist für die jungen Männer, die da über den Ascheplatz laufen, nicht wichtig. Sie sind froh, hier dreimal in der Woche trainieren zu können. Denn bei Hagen United, einem der ersten Fußballvereine für Flüchtlinge in Deutschland, geht es darum, sich auszupowern, auf andere Gedanken zu kommen, Leute zu treffen.
Was simpel klingt, bedeutet den Flüchtlingen viel: Sie haben jede Woche feste Termine, lernen Einheimische kennen und können dabei noch ein bisschen Deutsch lernen. Denn die Kommandos gibt Trainer Peter Loche natürlich auf Deutsch – und baut auch gerne Sprachübungen in das Aufwärmtraining ein. „Jetzt zählen wir abwechselnd von zehn runter“, ruft er in die Runde, und erklärt anschließend, wie die Körperteile heißen, die da gerade gedehnt werden.
Schnell fast 30 Spieler auf dem Platz
Eine halbe Stunde später hat die Mannschaft mit Passübungen begonnen. André Sänger steht am Rande des Platzes und schaut zu. Dass er im Dezember hier bei einer Trainingseinheit des Vereins Hagen United stehen würde, damit hätte er im Februar nicht gerechnet. Mittlerweile trainiert Sänger das Team gemeinsam mit Peter Loche. „Wir haben uns damals überlegt, wie wir den Flüchtlingen helfen können, ihren Alltag abwechslungsreicher zu gestalten“, sagt er. Da lag es für den Fußballer nah, über ein Sportangebot zu sprechen.
Gemeinsam mit Bernd König, Leiter des Kulturzentrums Kultopia, und dem Hagener Barry Dialla plante er die erste Trainingseinheit. Das Servicezentrum Sport besorgte innerhalb von zwei Tagen einen Platz zum Spielen. „Dass das so reibungslos geklappt hat, ist nicht selbstverständlich“, betont Bernd König.
Die Resonanz war gut, schon bei der zweiten Trainingseinheit waren fast 30 Spieler auf dem Platz. Als es in Richtung Vereinsgründung ging, waren die ersten Unterstützer schnell gefunden: Oberbürgermeister Erik O. Schulz übernahm die Schirmherrschaft für das Projekt, die Initiative „Hagen ist bunt“ aktivierte ihr großes Helfer-Netzwerk. Außerdem konnte mit Hilfe des Bundesförderprogramms „Demokratie leben“ der Start erleichtert werden.
All das ist gut und wichtig, doch trotzdem fehlt es noch immer an allen Ecken und Enden. Vor allem Fußballschuhe werden benötigt, oft laufen die Spieler mit verschlissenen Hallenturnschuhen über den Aschenplatz. Manche von ihnen haben
noch keine langen Sporthosen und kommen auch im Dezember mit kurzer Hose und Stutzen zum Training. „Deshalb sind wir weiter auf Spenden angewiesen“, sagt André Sänger. Die Arbeit von Hagen United wird zwar durch viel ehrenamtliches Engagement erst möglich gemacht, doch irgendwann stößt auch das an seine Grenzen. In der Rückrunde will Hagen United außer Konkurrenz in der Kreisliga C mitspielen. Für den Spielbetrieb rechnen die Verantwortlichen mit Kosten von rund 1200 Euro. „Das Geld muss erstmal zusammenkommen“, so Sänger, „wir wollen versuchen, einen Teil davon über Mitgliedsbeiträge zu sammeln.“
Geld in Bus-Ticket investiert
Nach der Trainingseinheit gehen die Spieler erschöpft in die Kabine. Darunter auch Filimon Makele: Der 21-jährige Eritreer ist seit vier Monaten in Deutschland, war vorher neun Monate auf der Flucht. Durch die Sahara und über das Mittelmeer führte sein Weg in schließlich nach Deutschland: „Die Menschen sind freundlich und respektvoll. Man kann sich auf sie verlassen.“ In Eritrea habe er früh mit dem Fußballspielen angefangen. „Aber das war nicht so gut organisiert wie hier“, sagt er lachend. Er sitzt in kurzer Hose in der Kabine – eine lange Sporthose hat er noch nicht. Das wenige Geld, das er hat, investierte er erst einmal anders, denn das Training bei Hagen United ist ihm wichtig. Er hat sich ein Monatsticket für den Bus gekauft. Für jede Einheit kommt Makele extra aus seiner Flüchtlingsunterkunft in Gevelsberg auf den abgelegenen Waldlust-Sportplatz.
Große Schar von Unterstützern
Zahlreiche Unterstützer halfen, das Projekt „Hagen United“ anzuschieben. Darunter sind neben der Initiative „Hagen ist bunt“, die den Gründern mit Rat und Tat zur Seite stand, und Oberbürgermeister Erik O. Schulz viele weitere Helfer.
Sowohl mit Triktots als auch mit Studienberatung hilft die Fernuniversität Hagen dem jungen Verein. Beim komplizierten Gründungsverfahren stand half Notar Dr. Andreas Lohmeyer dem neuen Sportklub zur Seite. Das erste Banner des Vereins stellte RNH Verkaufsförderung zur Verfügung, Adigo Sports lieferte Trainingsmaterial. Meinolf Droste Webproduction erstellt kostenlos eine Internetseite für Hagen United, die Leonardo Apotheke finanzierte einen Erste-Hilfe-Koffer. Die Pfadfinder St. Elisabeth sammelten Spenden,das Vereinskonto stellt die Sparda Bank zur Verfügung. „Wir sind auf weitere Unterstützung angewiesen“, betont Mitgründer André Sänger.
Spenden können auf folgendes Konto überwiesen werden: IBAN: DE39 3306 0592 0005 2020 15; BIC: GENODED1SPW. Eine Spendenquittung kann ausgestellt werden.
Text: Valentin Dornis