Mit ruhiger Stimme, aber wachen Augen erzählt Hamed Noori seine Geschichte. Der Afghane ist vor 18 Monaten aus seiner Heimat geflohen, seit 15 Monaten ist er in Deutschland. Die Integration klappt in seiner neuen Heimat gut, auch weil er Teil des Fußballclubs Hagen United ist.
Der Verein, der von André Sänger als erster und einziger angemeldeter Flüchtlingsclub gegründet wurde, ist Nooris neue große Familie.
„André ist mein Freund. Er lädt mich ein, bei ihm Fußball im Fernsehen zu gucken. Er hat mir geholfen, ein Job zu finden“, erzählte Noori, der im Januar seinen 25. Geburtstag feierte.
Politik- und Jurastuidum
In Afghanistan studierte er Politik und Jura und hat seinen Bachelor bereits in der Tasche. In Deutschland möchte er seinen Master machen. „In Afghanistan musste ich Jura und Politik als Kombination studieren. In Deutschland wird
mir aber nur mein Politikstudium angerechnet.“ Noori hofft sein Studium fortsetzen zu können, zum Beispiel an der Fernuni Hagen, wo er bereits als Studentische Hilfskraft arbeitet.
„Ich bin froh, einen Job zu haben. Ich möchte hier arbeiten, leben, eine Frau finden. Eben das, was alle wollen.“
Wunsch nach Freiheit
Die Gründe für seine Flucht sind vielfältig. Die Sehnsucht nach Freiheit war aber die Hauptantriebsfeder. Die Einschränkungen in der afgha-
nischen Gesellschaft haben ihm schwer zu schaffen gemacht. „Es gibt einen festen Kreis an Werten, den man nicht verlassen darf“, erklärte Noori. „Hier gibt es Freiheit. Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, ein Mann darf einen Mann heiraten, das wäre alles in Afghanistan nicht möglich“, ergänzte er.
Hagen United
In Hagen hat er bei den Fußballern von Hagen United eine neue Familie gefunden, doch in Afghanistan lebt noch der Großteil seiner Verwandten. Einmal pro Woche hat er Kontakt mit ihnen. „Das reicht mir“, sagt er. Dennoch gibt es Situationen, in denen er sich wünscht, bei seiner Familie zu sein. So wie bei dem Tod seiner Großmutter. „In Afghanistan ist es Tradition, dass die ganze Familie und auch die Nachbarn zusammen kommen. Aber ich konnte nicht dabei sein“, bedauert der junge Mann.
Hoffnungen zerstört
Seine Familie gehört zu denen, die die Hoffnung auf eine Demokratisierung Afghanistans nicht aufgegeben hatten und sich dementsprechend engagierten.
Nooris Bruder arbeitete als Dolmetscher mit den Amerikanern zusammen. Sein Vater war Militärarzt. Hamid Noori selbst beriet Regierungsbeamte. Doch als die Taliban Hamids
Vater umbrachten, löste die Familie alle Verbindungen mit der Regierung. „Wir haben es in Afghanistan versucht mit der Demokratie“, erklärte er, doch die Probleme in seinem Land hätten ihn dazu gebracht zu fliehen.
Sicheres Land als Ziel
Über den Iran, Türkei, Griechenland, Bulgarien, Serbien, Ungarn und schließlich Österreich gelangte er nach Deutschland.
Der gefährlichste Teil der Reise war mit dem Boot zwischen der Türkei und Griechenland. Später gelangte er mit dem Auto nach Deutschland. „Wir wussten nicht, dass wir in Deutschland sind. Wir wollten nur in ein sicheres Land.“
In Deutschland hat er die Sicherheit gefunden, die er suchte und hofft nun, seine Zukunft hier gestalten zu können.
Vorbild
Hagen United hat ihm dabei sehr geholfen. Der Klub unterstützte ihn bei der Jobsuche. Auch unsere Sprache beherrscht er bereits sehr gut, weil bei United die Vorgabe gilt, Deutsch zu sprechen. Nur in Ausnahmefällen wird Englisch zu Hilfe genommen. Hamed Noori braucht diesen Umweg allerdings nicht mehr. Er geht in allen Lebensbereichen mit großem Ehrgeiz voran, natürlich auch beim Training, wo er das Aufwärmprogramm leitet.
Text: Heiko Cordes